KDFB

„Der Stadt geht es gut, wenn es dem Land gut geht!“

Die Landfrauenvereinigung im Katholischen Deutschen Frauenbund zur Rolle der Landwirtschaft in Verdichtungsräumen

Wernau/Köln, 15.09.2006 - Welche Chancen hat die Landwirtschaft im Umfeld städtischer Ballungsräume? Wie können bäuerliche Betriebe in der Nähe von Städten heute überleben? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die diesjährige Bundesarbeitstagung der Landfrauenvereinigung im Katholischen Deutschen Frauenbund e.V. (KDFB), die vom 11. bis 14. September 2006 in Wernau bei Stuttgart stattfand.

„Die Stadt lebt ökologisch vom Land und das Land lebt ökonomisch von der Stadt“, so Maja May, Bundesvorsitzende der Landfrauenvereinigung im KDFB, die auf die vielfältigen Funktionen der Landwirtschaft im Umfeld städtischer Ballungsräume hinwies. Die Landwirtschaft erfülle für die Menschen gleich eine mehrfache Funktion; sie beliefere die städtischen Märkte mit hochwertigen Nahrungsmitteln, sie pflege die Landschaft, bewahre ländliche Traditionen und Kultur und habe damit wesentlichen Anteil an der Lebensqualität von Menschen auf dem Land und in der Stadt. „Bäuerliche Betriebe müssen auch in siedlungsnahen Räumen weiter eine Zukunft haben!“, so das Fazit von May, die engagiert für eine bessere Wertschätzung des bäuerlichen Berufsstandes eintritt.

Auf die engen Verbindungen von Stadt und Land wies mit Blick auf die Frauenverbandsarbeit auch KDFB-Vizepräsidentin Beate Born hin. „Was die Landfrauenvereinigung mit Ihrer Lobbyarbeit für Frauen im ländlichen Raum leistet, kommt Frauen in Stadt und Land zugute“, würdigte Born die Arbeit der Landfrauenvereinigung als eine der tragenden Säulen des KDFB. Gerade das Thema dieser Bundesarbeitskonferenz zeige, wie sich die Landfrauen für Themen wie Verbraucherschutz, regionale Vermarktung, Nachhaltigkeit und Bewahrung der Schöpfung zum Wohle aller Frauen einsetzten.

Dass die Landwirtschaft heute immer noch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, betonte Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im Ministerium für Ernährung in Baden-Württemberg. Etwa 4,8 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland hingen direkt oder indirekt von der Landwirtschaft ab, die nach wie vor das „Rückgrat der Lebensmittelproduktion“ sei. Damit dies so bleibe, müssten ländliche Betriebe gestärkt und die Attraktivität des ländlichen Raumes gefördert werden. Als wichtigen Punkt nannte Gurr-Hirsch auch eine Aufklärung und Sensibilisierung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Verbraucherinnen trügen eine Mitverantwortung für die Qualität der Lebensmittel und könnten durch ihr Kaufverhalten aktive Agrarpolitik betreiben. Gute Qualität sei aber – siehe Gammelfleisch-Skandal – nicht zum Spottpreis zu haben.

Auf die Besonderheiten der siedlungsnahen Landwirtschaft ging Matthias Strobl, Geschäftsführer von Bioland in Baden-Württemberg, in seinem Referat ein. Die Entwicklung gehe weg von der reinen Nahrungsmittelproduktion hin zu Direktvermarktung und Weiterverarbeitung (z.B. Hofladen, Gemüse-Abo-Kisten, Straßenverkauf) oder zum „Erlebnisraum Landwirtschaft“ mit Angeboten naturnaher Dienstleistungen (z.B. Managerkurse, Heuhotel, Schulbauernhof, therapeutisches Reiten). Die zunehmende Differenzierung und Ausrichtung auf die städtischen Märkte habe zur Folge, dass sich das Berufsbild der Bäuerin/des Bauerns stark verändert habe. Bäuerinnen müssten heute Betriebswirtinnen und Managerinnen sein, gleichzeitig müssten sie über naturwissenschaftliche Kenntnisse verfügen und mit der Natur vertraut sein.

Nach den einführenden Referaten hatten die Landfrauen am Mittwoch die Gelegenheit, die theoretischen Impulse mit mehreren Exkursionen in der Praxis zu vertiefen. Am Beispiel des Keltenhof wurde die Umstellung eines Betriebes vom konventionellen Gemüseanbau auf den Anbau von verschiedenen Wildkräuter- und Salatmischungen für die gehobene Gastronomie (Convenience food) vorgeführt. Eine Exkursion zum neuen Stuttgarter Messegelände („Deutschlands größte Baustelle“) zeigte anschaulich den Konflikt von städtischer Expansion und den Interessen der Landwirtschaft. Das Messegelände und die damit einhergehende Veränderung der Infrastruktur (Autobahn, Flughafen-Start-/Landebahn) entsteht auf dem fruchtbarsten Boden der Region und ist damit für die Landwirtschaft verloren. Schließlich lernten die Landfrauen mit einem Besuch auf dem „Sonnenhof“ in Stuttgart-Mühlhausen einen Erlebnisbauernhof kennen, der sich auf touristische Angebote und Events wie Reiterferien, Café, Maislabyrinth, Blumen zum Selberpflücken, die Gestaltung von Familienfesten und Kindergeburtstagen spezialisiert und damit seine stadtnahe Marktlücke gefunden hat.

Redaktion: Gabriele Klöckner/Iris Gehrke